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Der Begriff Trauma ist mittlerweile im allgemeinen Sprachgebrauch angekommen, wird aber häufig nicht präzise verwendet.

Die meisten Menschen verbinden mit dem Begriff Trauma bestimmte belastende Ereignisse. 
Doch nicht nur offensichtlich schlimme Ereignisse können traumatisch sein. Oft sind es eher alltägliche Ereignisse, die Traumasymptome auslösen können.

Was bedeutet der Begriff Trauma?

Aus dem Griechischen übersetzt bedeutet er der Begriff Trauma Wunde. Das kann eine seelische Wunde sein wie in der Psychotraumatologie beschrieben. In der Medizin wird der Begriff Trauma aber auch für Verletzungen des Körpers verwendet. 

Ich persönlich betrachte Körper und Psyche als Einheit, die als Ganzes auf Ereignisse reagiert. Daher würde ich das so beschreiben:

Ein Trauma, eine Wunde ist etwas, das noch nicht verheilt ist. Ein Prozess, der noch nicht zum Abschluss gekommen ist. Es ist noch etwas offen, unvollendet – und kann dadurch nicht zur Ruhe kommen.

Um Heilung auf allen Ebenen zu ermöglichen, ist es dann wichtig, genau dafür den entsprechenden Rahmen bereitzustellen.

Traumasymptome im gesellschaftlichen Alltag – alltäglich ist nicht unbedingt gesund

Häufig erscheint uns das Leid, das wir täglich in uns und um uns herum wahrnehmen, normal, weil es so allgegenwärtig ist. Dann taucht schon mal der Gedanke auf: „Wenn das alle erleben, kann es ja nicht so schlimm sein.“

Doch viele Symptome, die sich in unserer Gesellschaft häufig zeigen, sind Folgen von Traumata. Leistungsdruck, Perfektionismus, ein permanentes Gefühl von Stress, Schwierigkeiten in Beziehungen oder Süchte in vielfältigen Ausprägungen sind nur einige davon.

Dennoch ist es wichtig zu wissen, dass nicht jeder Mensch, der Schwieriges erlebt hat, traumatisiert ist. Im Folgendes werde ich das näher beleuchten:

Aber nicht jedes belastende Ereignis führt zwangsläufig zum Trauma

Quasi jeder Mensch gerät im Laufe seines Lebens in schwierige, potenziell traumatische Situationen.  Der Verlust von nahen Menschen oder Arbeit, Unfälle, (lebens-)bedrohliche Situationen, medizinische Eingriffe, toxischer Stress im Privaten oder im Beruf, all dies sind Ereignisse, welche die Möglichkeit zur Traumatisierung in sich bergen.

Einige Menschen sind jedoch in der Lage, solche Ereignisse gut zu verarbeiten. Sie werden nicht traumatisiert, auch wenn die Situation sie fordert. Stattdessen entwickeln sie Strategien, mit der Situation umzugehen und können handlungsfähig bleiben. Ihre Fähigkeit zur Selbstregulation bleibt erhalten. So können sie das Erlebte verarbeiten und wachsen daran.

Was erleichtert das Verarbeiten belastender Ereignisse?

Menschen, die schwierige Ereignisse gut verarbeiten können, sind mit ihren Kraftquellen in Kontakt und können auf diese zugreifen. Dies bezeichnet man als Resilienz.

Der Beistand durch einen anderen gut regulierten Menschen (Co-Regulation) unterstützt das eigene Nervensystem in der Selbstregulation. Auch eine sichere Umgebung ist hilfreich für die Heilung. Wer einen guten Zugang zur eigenen Selbstwirksamkeit hat, tut auch sich leichter mit der Verarbeitung belastender Ereignisse.

Und was kennzeichnet eigentlich ein Trauma?

Ein Trauma kann durch jedes Ereignis ausgelöst werden, in dem die alltäglichen Handlungsstrategien nicht mehr greifen. 

Wenn ein Mensch in einer bedrohlichen Situation überfordert ist, wird er vom Erlebten überflutet. Er ist nicht mehr handlungsfähig, und es entsteht ein Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht.

In bedrohlichen Situationen wird im Körper eine große Menge Energie für instinktive Überlebensreaktionen (Kampf oder Flucht) bereitgestellt. Wenn diese erfolgreich sind, wird die Energie durch die Handlung selbst wieder aus dem Körper entladen, und der Körper kehrt in sein natürliches Gleichgewicht zurück.

Wenn diese Instinkte jedoch unterbrochen werden oder eine bedrohliche Situation zu lange dauert, verbleibt die Energie im Körper. Die (Über-)lebensenergie, die nicht in Handlung gehen kann, bleibt im Körper eingefroren. Die Fähigkeit zur Selbstregulation geht verloren.

Auch wenn das Ereignis schon lange vorüber ist, bleibt der Mensch weiterhin im Überlebensmodus. Die traumatische Energie kann – selbst nach langer Zeit – bei kleinsten Auslösern wieder aktiviert werden. Dann erlebt der Mensch das Trauma wieder, als würde es gerade wieder stattfinden.

Ein Trauma ist also ein körperlicher Prozess, eine nicht abgeschlossene Reaktion auf eine überwältigende, (lebens-)bedrohliche Situation. Wenn die Antwort des Körpers vervollständigt werden kann, löst sich die Überlebensenergie aus dem Körper, und Traumasymptome können sich auflösen.

Daher ist es so wichtig, in der Traumatherapie mit dem Körper zu arbeiten und nicht allein über den Verstand.

Trauma unterbricht die Verbindung zur eigenen Kraft

In einer traumatischen Situation kann der Körper das Erlebte nicht wie normalerweise „als Ganzes“ verarbeiten. Die Sinneseindrücke werden geteilt, also fragmentiert, damit die Situation handhabbarer wird. Wenn ein Teil der Sinneseindrücke der bewussten Erinnerung nicht zugänglich ist, wird die Verarbeitung und Vollendung einer belastenden Situation schwieriger.

Im Moment einer Extremsituation kann es durchaus angemessen sein, nichts oder wenig zu spüren, um so gut es geht mit dem Erlebten umgehen zu können. Wenn diese Strategien jedoch auf Dauer aufrechterhalten werden, verlieren wir dabei die Verbindung zu uns selbst. Und damit auch die Verbindung zu anderen. 

Wenn wir uns selbst, unseren Körper, unsere Gefühle und Bedürfnisse nicht spüren, sind wir auch in unserer Verbindung zur Umwelt eingeschränkt und fühlen uns „anders“ und isoliert.

Welche Faktoren begünstigen die Entstehung von Traumata?

Ein wichtiger Faktor für das Verarbeiten einer potenziell traumatischen Situation ist Resilienz, also das Empfinden von Sicherheit und Vertrauen in die eigene Kraft.

Eine unsichere Umgebung oder ein toxisches Umfeld verhindern, dass wir wieder in uns selbst ankommen können. Auch wenn die umgebenden Personen ebenfalls traumatisiert sind, können sie keinen sicheren Rahmen bieten.

Nach einer schwierigen Situation isoliert zu sein und allein zu bleiben, macht die Entstehung von Trauma wahrscheinlicher, da es keine Co-Regulation durch andere gut regulierte Menschen gibt.

Und Menschen, die an sich zweifeln und nicht in ihre eigene Kraft vertrauen, haben erschwerte Bedingungen bei der Verarbeitung belastender Ereignisse.

Trauma ist nicht gleich Trauma

Schocktrauma

Die meisten Menschen, die von einem Trauma sprechen, meinen damit ein Schocktrauma. Dies bedeutet ein einzelnes belastendes Ereignis, das den Menschen handlungsunfähig, hilflos und ohnmächtig hinterlässt. 

Das kann ein Unfall oder Sturz, eine Naturkatastrophe oder Gewalterfahrung sein. Aber auch alltägliche Situationen wie Operationen, invasive Untersuchungen oder der plötzliche Verlust eines lieben Menschen oder des Arbeitsplatzes können ein Schocktrauma auslösen.

Entwicklungstrauma

Wenn ein Baby oder Kleinkind vor allem in den ersten drei Lebensjahren immer wieder stressigen Erfahrungen ausgesetzt ist, wird es dadurch chronisch überfordert. Es kommt zum Entwicklungstrauma.

Weil das Kind in seiner Handlungsfähigkeit noch sehr eingeschränkt ist, erlebt es andauernd Hilflosigkeit. Diese löst im Körper permanenten Alarm und ein Gefühl der Ohnmacht und Überwältigung aus. Mehr dazu erfährst du im Beitrag über Entwicklungstrauma.

Bindungstrauma

Eine weitere Art von Trauma ist das Bindungstrauma. Jeder Mensch hat ein instinktives Bedürfnis nach Kontakt und Einfühlung. Wird dieses Bedürfnis in den ersten Lebensjahren nicht oder nicht ausreichend gestillt, wird das Urvertrauen erschüttert. 

So wird es später im Leben schwieriger, mit sich selbst in guter Verbindung zu sein und gesunde und nährende Beziehungen zu führen. Mehr über Bindungstrauma liest du in einem eigenen Beitrag.

Weitere Formen von Traumatisierung sind sequentielles, sekundäres, transgenerationales und kollektives Trauma. Mehr dazu erfährst Du in einem separaten Beitrag über verschiedene Arten von Trauma

Verschiedene Arten von Trauma brauchen auch unterschiedliche Ansätze in der Traumatherapie.

Traumasymptome

Aus der im Körper gespeicherten Überlebensenergie entwickeln sich Symptome vielfältiger Art. Sie können sich auf den Körper, das Gemüt oder Beziehungen zu sich selbst oder anderen Menschen beziehen. Oft bringen wir bestimmte Symptome und Verhaltensweisen nicht mit einem Trauma in Zusammenhang, weil es vielleicht schon lange zurückliegt oder wir uns nicht erinnern können.

Zu den häufigen Traumasymptomen zählen:

  • Ängste, Panik, Phobien
  • Gefühl der Hilflosigkeit oder Ohnmacht
  • Unruhe, Dauerstress
  • kann sich nicht entspannen oder konzentrieren
  • Schreckhaftigkeit, permanente Alarmbereitschaft, geringe Stressresistenz
  • hohe Empfindlichkeit auf Gerüche, Geräusche oder Licht
  • Müdigkeit, Erschöpfung, Depression, Burn-Out
  • kein Vertrauen in sich und/oder Andere
  • Schwierigkeiten, gesunde Beziehungen zu führen
  • Reizbarkeit, aufbrausendes Verhalten
  • Gefühle der Selbstentfremdung und emotionaler Taubheit
  • Sucht- oder Zwangsverhalten
  • Leistungsdruck, Perfektionismus
  • Burn-out-Syndrom
  • psychosomatische Symptome (z.B. Schlafstörungen, Migräne, Schwindel, chronische Schmerzen, Herz-/Kreislauferkrankungen, Magen/Darmerkrankungen)

Was hilft, von Trauma zu genesen?

Es ist nie zu spät für den Heilungsprozess nach traumatisierenden Erlebnissen, auch wenn das Ereignis schon lange zurückliegt. Die Vergangenheit kann zwar nicht gelöscht, aber ihre Auswirkungen auf unser heutiges Leben können verändert werden. Wenn wir hier und jetzt spüren können, dass es vorbei ist, kann sich das Nervensystem wieder regulieren.

Die eigene Geschichte ändert sich nicht, wohl aber die Art, wie wir sie betrachten und dazu empfinden. Stück für Stück kann die ständige Wiederholung alter, überkommener Muster aufhören. Mit einem wohlwollenderen Blick auf uns selbst wird es möglich, mit mehr Ruhe, Gelassenheit und Lebendigkeit weiterzuleben.

Wenn Du den Eindruck hast, dass eine Traumatherapie Dich unterstützen würde, kannst Du gerne ein kostenloses Erstgespräch vereinbaren.

Lesetipp

Peter Levine – Sprache ohne Worte (In an Unspoken Voice)

Bildnachweis
Riss im Baumstamm –

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